Vorrang erneuerbarer Energien gegenüber Denkmalschutz
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In seinem Urteil vom 30.11.2023 (Az.: 28 K 8865/22) entschied das Verwaltungsgericht Düsseldorf, dass erneuerbare Energien im Rahmen einer Schutzgüterabwägung nunmehr gegenüber denkmalschutzrechtlichen Belangen als vorrangig anzusehen sind. Nur noch ausnahmsweise kann der Denkmalschutz aufgrund besonderer Umstände ein Ergebnis zum Nachteil der erneuerbaren Energien begründen.
Sachverhalt:
Die Klägerin begehrte im Ausgangspunkt eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zur Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach ihres freistehenden Einfamilienwohnhauses. Das Grundstück der Klägerin befand sich im Geltungsbereich einer Denkmalbereichssatzung, in der das äußere Erscheinungsbild für freistehende Wohnhäuser festgelegt wurde.
Eine solche Erlaubnis wurde jedoch von der Beklagten mit Verweisen auf verschiedene denkmalschutzrechtliche Belange abgelehnt. Dagegen erhob die Klägerin Verpflichtungsklage vor dem VG Düsseldorf und hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe:
Das VG Düsseldorf bejahte einen Anspruch der Klägerin auf die Erteilung der begehrten Erlaubnis zur Errichtung einer PV-Anlage auf ihrem Dach gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 i.V.m § 9 Abs. 3 DSchG NRW. Danach sei die Erlaubnis zu erteilen, wenn Belange des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt.
Nach Ansicht des VG Düsseldorf verlange das überwiegende öffentliche Interesse die Verwirklichung des Vorhabens der Klägerin mit Inkrafttreten des § 2 EEG 2021 (in der Fassung vom 20.07.2022, gültig ab dem 29.07.2022 des Erneuerbare-Energien-Gesetz 2021).
In § 2 Satz 2 EEG 2021 ist geregelt, dass die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden sollen bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist. Nach § 2 Satz 1 EEG 2021 liegen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen – dazu gehören auch Solaranlagen – im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit.
Auch wenn § 2 Satz 2 EEG 2021 als Sollbestimmung ausgelegt wird, sei diese dahingehend zu verstehen, dass ein regelmäßiges Übergewicht der erneuerbaren Energien im Rahmen der Schutzgüterabwägung für das überragende öffentliche Interesse an der Errichtung von Solaranlagen, sowie der öffentlichen Sicherheit bestehe und nur in äußersten Ausnahmefällen überwunden werden könne.
Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Gesetzgebungskompetenz für den Denkmalschutz und die Denkmalpflege den Ländern obliege.
Zwar komme dem Ausbau erneuerbarer Energien nach § 2 EEG 2021 kein unmittelbarer Regelvorrang gegenüber dem Denkmalschutz zu. Auch sei Art. 20a GG kein grundsätzlicher Vorrang gegenüber anderen Belangen zu entnehmen, sondern im Konfliktfall mit anderen Verfassungsgütern und -prinzipien abzuwägen und in Ausgleich zu bringen.
Aufgrund der Wertung des § 2 EEG 2021 als Ausprägung der Staatszielbestimmung müsse Art. 20a GG und somit dem Ausbau der erneuerbaren Energien allerdings Vorrang vor dem Denkmalschutz eingeräumt werden.
Hinweis:
Die Abkehr des VG Düsseldorf in seinem jüngeren Urteil von seiner bisherigen Rechtsprechung ist im Hinblick auf das Inkrafttreten von § 2 EEG 2021 und vor Klimaschutzgesichtspunkten begrüßenswert. Mit dem Urteil vom 30.11.2023 ebnet es den Schritt für weitere Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels.
Dieser Auffassung schloss sich jüngst auch das OVG Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 15.08.2024 (Az. 1 A 10604/24) an. Dort entschied das OVG, dass das öffentliche Interesse an dem Ausbau und der Nutzung der erneuerbaren Energien im Hinblick auf die Errichtung eines Solarzauns das Interesse an der unveränderten Erhaltung des Erscheinungsbildes eines unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes überwiegt.
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