Wachstumschancengesetz nach langem Streit verabschiedet

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Nach der Zustimmung des Bundesrates am 22.03.2024 wurde das umstrittene Wachstumschancengesetz nun in seiner endgültigen Fassung verabschiedet. Das Hauptziel des Gesetzes besteht darin, die deutsche Wirtschaft zu modernisieren und zu stärken. Dies soll durch eine Vielzahl von steuerlichen Vereinfachungen und Entlastungen für Unternehmen in den Einzelsteuergesetzen erreicht werden. Das Wachstumschancengesetz wurde am 27.03.2024 im Bundesgesetzblatt verkündet.

Im Folgenden werden einige wichtigen Änderungen des Wachstumschancengesetzes zusammengefasst:

Einkommensteuer

Befristete Wiedereinführung der degressiven AfA, § 7 Abs. 2 Satz 1 EStG

Danach ist es möglich, für die zwischen dem 01.04.2024 bis einschließlich 31.12.2024 angeschafften oder hergestellten beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, eine degressive Abschreibung in Anspruch zu nehmen. Der anzuwendende Prozentsatz darf indes höchstens das Zweifache des linearen AfA-Satzes betragen und 20 Prozent nicht übersteigen.

Befristete Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude, § 7 Abs. 5a EStG (neu)

Zusätzlich ist es dem Steuerpflichtigen möglich, statt der linearen Abschreibung seines Gebäudes, einen degressiven AfA-Satz von 5 Prozent für zu Wohnzwecken dienende Gebäude anzuwenden. Er hat diesbezüglich ein Wahlrecht. Die degressive AfA kann erfolgen, wenn mit der Herstellung nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 begonnen wird oder im Falle der Anschaffung der obligatorische Vertrag innerhalb dieses Zeitraums rechtswirksam geschlossen wurde.

Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau, § 7b EStG

Für den Mietwohnungsbau können Sonderabschreibungen in Anspruch genommen werden, wenn durch Baumaßnahmen aufgrund eine nach dem 31.08.2018 und vor dem 01.01.2022 sowie nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.10.2029 gestellten Bauantrag oder getätigten Bauanzeige, neue Wohnungen hergestellt werden. Die Bemessungsgrundlage beträgt maximal EUR 4.000 je Quadratmeter Wohnfläche. Die Anschaffungskosten dürfen allerdings EUR 5.200 pro Quadratmeter nicht übersteigen.

Investitionsabzugsbetrag, § 7g Abs. 5 EStG

Zukünftig ist für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2023 angeschafft oder hergestellt worden sind, eine Sonderabschreibung der Investitionskosten in Höhe von bis zu 40 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten möglich.

Erweiterter Verlustvortrag, § 10d Abs. 2 EStG

Für die Veranlagungszeiträume von 2024 bis 2027 wird der über EUR 1 Mio. bzw. EUR 2 Mio. bei Ehe-gatten hinausgehende Verlustvortrag auf 70 Prozent des Gesamtbetrages der Einkünfte des Verlustvortragsjahres beschränkt.

Geschenke, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG

Der abziehbare Beitrag für Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, wird von 35 Euro auf 50 Euro angehoben.

Private Nutzung von Elektrofahrzeugen, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 Nr. 3 EStG

Bei der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs ohne CO₂-Emissionen (reine Elektrofahrzeuge, inkl. Brennstoffzellenfahrzeuge) ist bislang nur ein Viertel der Bemessungsgrundlage (Bruttolistenpreis) und nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S.3 Nr. 3 EStG (Fahrtenbuchregelung) nur ein Viertel der Anschaffungskosten oder vergleichbarer Aufwendungen anzusetzen, wenn der Bruttolistenpreis des Kraftfahrzeugs nicht mehr als EUR 60.000 beträgt. Der Betrag wird für nach dem 31.12.2023 angeschaffte Elektro-Pkw auf EUR 70.000 erhöht.

Anhebung der Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte, § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG

Die Freigrenze für Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften wird von EUR 600 auf EUR 1.000 angehoben. Dies gilt erstmalig ab dem Veranlagungszeitraum 2024.

Rentenbesteuerung, § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG

Mit der Änderung wird beginnend ab dem Jahr 2023 der Anstieg des Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang auf einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert. Für die Kohorte 2023 beträgt demnach der maßgebliche Besteuerungsanteil anstatt 83 Prozent nur noch 82,5 Prozent und erreicht nach seinem kontinuierlichen jährlichen Aufwuchs erst für die Kohorte 2058 einen Besteuerungsanteil von 100 Prozent.

Die Entlastungen in der Rentenbesteuerung werden folgerichtig auch bei dem Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 Satz 3 EStG und dem Altersentlastungsbetrag nach § 24a Satz 5 EStG berücksichtigt.

Körperschaftsteuer

Option zur Körperschaftsbesteuerung, § 1a Abs. 1 Satz 1 – 4 KStG

Mit der Verkündung des Gesetzes ist es nunmehr allen Personengesellschaften möglich, zur Körperschaftsteuer zu optieren. Diese Option war bislang nur Personenhandels- und Partnergesellschaften vorbehalten.

Gewerbesteuer

Erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmer, § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b GewStG

Die Unschädlichkeitsgrenze für Einnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und aus dem Betrieb von Ladestationen wird für Grundstücksunternehmer von 10 Prozent auf 20 Prozent erhöht. Die Regelung gilt erstmalig ab dem Erhebungszeitraum 2023.

Umsatzsteuer

Umsatzsteuer-Voranmeldung, § 18 Abs. 2 UStG

Ab dem Besteuerungszeitraum 2025 sind Unternehmer durch das Finanzamt von der Verpflichtung zur Abgabe einer Voranmeldung und Entrichtung der Vorauszahlung befreit, wenn die Steuer für das vorausgegangene Kalenderjahr nicht mehr als EUR 2.000 betragen hat.

Umsatzsteuererklärung von Kleinunternehmern, § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG

Kleinunternehmer sind zukünftig von der Übermittlung von Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr befreit. Dies gilt nicht für Fälle des § 18 Abs. 4a UStG. Auch bei Aufforderung zur Erklärung durch das Finanzamt (vgl. § 149 Abs. 1 Satz 2 AO) bleibt die Erklärungspflicht noch bestehen.

Sonstige Änderungen

Erhöhung der Grenze für Buchführungspflicht / EÜR, § 141 AO, § 241a HGB

Die Schwellenwerte für Umsatzerlöse bzw. dem Gesamtumsatz wurden von EUR 600.000 auf EUR 800.000 und der Jahresüberschuss bzw. Gewinn von EUR 60.000 auf EUR 80.000 angehoben.

Unterhalb dieser Schwellenwerte haben steuerpflichtige Einzelkaufleute die Möglichkeit, anstelle einer umfassenden handelsrechtlichen Buchführung mit Jahresabschlusserstellung und entsprechender steuerlicher Gewinnermittlung lediglich eine Gewinnermittlung mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung mit vereinfachter Buchführung durchzuführen.

Sollten Sie Fragen zum Wachstumschancengesetz und dessen rechtlicher Umsetzung haben, dann rufen Sie uns gerne an! Unsere Fachanwälte für Steuerrecht und Steuerberater stehen Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.