Preisexplosion bei Energiekosten - Entlastungsmöglichkeiten für Unternehmen (Carbon Leakage)

Bereits im Juli 2021 ist die neue, auf dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) beruhende BEHG-Carbon-Leakage-Verordnung (BECV) in Kraft getreten. Auf der Grundlage dieser Verordnung können Unternehmen, die vom nationalen Brennstoffemissionshandel besonders stark betroffen sind, eine finanzielle Kompensation in Form einer Beihilfe erhalten. Ziel ist es, ein Abwandern von Unternehmen in Länder mit weniger strengen Emissionsauflagen (sog. Carbon-Leakage) zu verhindern sowie die grenzüberschreitende Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu erhalten. Gleichzeitig sind die Unternehmen angehalten, klimafreundliche Investitionen zu tätigen und Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Preisexplosion bei den Energiekosten sind Entlastungen darüber hinaus dringend geboten.

Achtung Ausschlussfrist: Anträge für 2021 müssen bis zum 30.06.2022 gestellt werden!

Beihilfeberechtigte Unternehmen müssen die Beihilfe für die Abrechnungsjahre 2021 bis 2030 jeweils bis zum 30. Juni des auf das Abrechnungsjahr folgenden Kalenderjahres bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) beantragen. Das erste Antragsverfahren zur Erlangung der Beihilfe wird im Jahr 2022 stattfinden (Antragsfrist 30.06.2022).

Beihilfeberechtigte Unternehmen

Das Unternehmen muss einem beihilfeberechtigten Sektor oder Teilsektor zuzuordnen sein. Welche Unternehmen zum beihilfeberechtigen (Teil-)Sektor gehören, lässt sich der Anlage zur BECV entnehmen. Beihilfeberechtigt sind beispielsweise die Herstellung von Zement, Düngemitteln oder Chemiefasern oder die Teilsektoren Casein, Molke und Backhefe. Es handelt sich bei den beihilfeberechtigten Sektoren also insbesondere um die verarbeitende Industrie. Diese (Teil-)Sektoren können im Wege eines nachgelagerten Prüfungsverfahren um weitere Sektoren ergänzt werden. Die Antragstellung kann auch auf einen selbstständigen Unternehmensteil oder nur auf einen bestimmten Unternehmensbereich beschränkt werden.

§ 6 Abs. 2 BECV übernimmt mit seinem Verweis auf § 64 Abs. 5 Satz 3 und 4 EEG das bereits seit einigen Jahren praktizierte Regelungskonzept der „Besonderen Ausgleichsregelung“ im Erneuerbare-Energien-Gesetz. Wird die Antragstellung auf einen selbstständigen Unternehmensteil beschränkt, verändert sich ausschließlich die von der Beihilfegewährung umfasste Bilanzgrenze. Für den selbständigen Unternehmensteil sind eine eigene Bilanz und eine eigene Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen. Spiegelbildlich hierzu gelten alle anderen Teile des Unternehmens im Verhältnis zwischen dem selbstständigen Unternehmensteil und dem Unternehmen als Ganzem als Dritte. Der selbstständige Unternehmensteil wird bei Antragstellung gewissermaßen als ein eigenständiges Unternehmen behandelt und muss daher auch alle weiteren Voraussetzungen der BECV für die Beihilfegewährung erfüllen.

Nachweis der Voraussetzungen

Als Voraussetzung für den Erhalt der Beihilfe muss das Unternehmen nachweisen, dass es über ein Energiemanagementsystem verfügt und Klimaschutzmaßnahmen ergriffen hat. Das Energiemanagementsystem sollte grundsätzlich nach DIN EN ISO 50001 oder nach EMAS mit Energieeffizienz auf hoher Priorität zertifiziert sein.

Es gilt eine Übergangsregelung: Die Unternehmen müssen erst ab dem Antrag auf Beihilfe für das Jahr 2023 nachweisen, dass sie mindestens seit dem 1. Januar 2023 ein solches System betreiben (vgl. § 10 Abs. 1 BECV). Für Unternehmen mit einem geringeren durchschnittlichen Gesamtenergie-verbrauch fossiler Brennstoffe (weniger als 10 Gigawattstunden) sind nach § 10 Abs. 2 BECV Erleichterungen vorgesehen. In § 11 BECV sind die Klimaschutzmaßnahmen geregelt.

Mindestemissionsmenge

Eine Beihilfe scheidet von vornherein aus, wenn die Emissionsmenge des antragstellenden Unternehmens den Selbstbehalt in Höhe von 150 Tonnen Kohlendioxidäquivalent nicht überschreitet. Das Kohlendioxidäquivalent stellt eine Einheit für das Treibhauspotenzial beziehungsweise das Global Warming Potential (GWP) eines Gases dar. Kohlendioxidäquivalente zeigen, welche Menge eines Gases in einem Betrachtungszeitraum von 100 Jahren die gleiche Treibhauswirkung entfalten würde wie CO2. Kohlendioxid hat ein GWP von 1, während sich das GWP aller anderer Treibhaus-gase davon ableitet, welches Ausmaß der Erwärmung sie im Vergleich zu Kohlendioxid verursachen. Nach dem FCCC der United Nations hat zum Beispiel Methan ein GWP von 25.

Ausschluss der Beihilfe

Eine Beihilfe ist ausgeschlossen für Unternehmen in Schwierigkeiten und für Unternehmen, die einer Rückforderungsanordnung nicht Folge geleistet haben.

Zudem wird Beihilfe nur dann gewährt, wenn die Verfügbarkeit der erforderlichen Haushaltsmittel gegeben ist. Sollte die Summe der Gesamtbeihilfebeträge die festgelegten Haushaltsmittel über-steigen, sieht die BECV eine anteilige Kürzung der Gesamtbeihilfebeträge vor.

Gesamtbeihilfebetrag

Der Beihilfebetrag errechnet sich aus dem Produkt der maßgeblichen Emissionsmenge, dem für das Unternehmen anzuwendenden Kompensationsgrad und dem für das Abrechnungsjahr maßgeblichen Preis der Emissionszertifikate.

Die Einzelheiten der Antragstellung und des Nachweisverfahrens sind komplex. Es sind allerdings einige Parallelen zum Antragsverfahren der „Besonderen Ausgleichsregelung“ des EEG für strom-kostenintensive Unternehmen zu erkennen. Dennoch sollte frühzeitig mit den Vorbereitungen des Antragsverfahrens begonnen werden.

Sie haben Fragen? Unser Energierechtsteam steht Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!

Dr. Alexander Kersten