Keine Veränderung der Darlegungs- und Beweislast bei Überstundenvergütung durch unions-rechtliche Pflicht zur Arbeitszeiterfassung

Überstundenvergütung, Darlegungs- und Beweislast, Bundesarbeitsgericht Urteil vom 04.05.2022 – 5 AZR 359/21, Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG, EuGH Urteil vom 14.05.2019- C-55/18

In einem Verfahren auf Überstundenvergütung muss der Arbeitnehmer - entsprechend der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - vortragen und im Falle des Bestreitens beweisen, dass der Arbeitgeber die Überstunden im Einzelfall angeordnet, gebilligt oder geduldet hat. Die Überstunden müssen jedenfalls zur Erfüllung der geschuldeten Arbeit erforderlich gewesen sein. Nach bisheriger höchstrichterlichen Rechtsprechung trägt der Arbeitnehmer somit die Darlegungs- und Beweislast.

Zunächst sah das Arbeitsgericht Emden dies anders und hat einen Arbeitgeber zur Überstundenvergütung verurteilt. Durch die unionsrechtliche Pflicht (EuGH Urteil vom 14.05.2019 – Az. C-55/18) ein Arbeitszeiterfassungssystem einzuführen sei die Darlegungs- und Beweislast modifiziert worden. Bei Vorliegen eines Arbeitszeiterfassungssystems sei es ausreichend für eine schlüssige Klage die Zahl der Überstunden vorzutragen. Der Arbeitgeber habe schließlich durch das Arbeitszeitfassungssystem Kenntnis der Überstunden gehabt bzw. Kenntnis haben können. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat dieses Urteil teilweise abgeändert und die Klage abgewiesen.

Diese Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 05.04.2022 (Az.: 5 AZR 359/21) bestätigt und der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts Emden eine Absage erteilt. Die vom Arbeitsgericht Emden angeführte EuGH Rechtsprechung ist zur Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG ergangen. Die Arbeitszeitrichtlinie regelt bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung. Sinn und Zweck ist die Sicherstellung von Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer. Es werden lediglich Reglungen über das Arbeitszeitrecht und nicht über die Vergütung für geleistete Arbeit getroffen.

Eine Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit aus arbeitszeitrechtlichen Gründen hat daher keine Auswirkungen auf die Grundsätze über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen eines Überstundenvergütungsverfahrens. Die eingangs dargelegte Verteilung der Darlegungs- und Beweislast gilt fort.

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Arne Fleßer