Kunden im Recht: AG München kippt irreführende Preiserhöhung trotz Preisgarantie

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AG München Urt. v. 27.10.2023 − 173 C 13388/23

In seinem Urteil vom 27.10.2023 (Az. 173 C 13388/23) entschied das AG München, dass eine einseitige Preiserhöhung eines Energielieferungsvertrages durch einen Energielieferanten nicht auf § 313 BGB, mithin einer Störung der Geschäftsgrundlage, gestützt werden darf.

Sachverhalt

Die Parteien schlossen am 07.10.2020 einen Stromliefervertrag. Dieser wurde von dem Kläger am 30.11.2021 verlängert. Mit der Verlängerung des Vertrages wurden auch die AGB angepasst. In diesen war eine Preisgarantie enthalten, mit welcher der brutto Arbeitspreis der Stromlieferung auf 28,17 ct/kWh bis zum 31.10.2023 festgesetzt wurde.

Eine Preisgarantie ist eine vertragliche Zusicherung, dass die Energiepreise für einen festgelegten Zeitraum nicht erhöht werden können. Hierbei wird grundsätzlich damit geworben, dass die Preise im Energiemarkt sehr schwankend sind und man den Kunden mit einer Garantie Sicherheit geben möchte.

Am 29.07.2022 kündigte der Stromlieferant beim Endkunden eine Strompreiserhöhung an. Der Arbeitspreis sollte nun 67,84 ct/kWh (brutto) kosten. Die darauffolgende Nachzahlung in Höhe von 933,00 EUR sollte zum 03.07.2023 abgebucht werden.

Begründung

Bereits aufgrund der vereinbarten Preisgarantie, war der Stromlieferant nicht zur einseitigen Erhöhung der monatlichen Abschlagszahlungen anlässlich der gestiegenen Beschaffungspreise berechtigt. So entschied auch das LG Hamburg in seinem Urteil vom 30.3.2023, 312 O 61/22 in einem Fall, bei dem der Energieversorger die Preise einseitig durch ein Anpassungsschreiben erhöht hatte.

Darüber hinaus greift § 313 BGB gerade nicht bei einer Anpassung von Gas- und Stromlieferverträgen. § 313 BGB regelt die Störung der Geschäftsgrundlage. Die Regelung gestattet es, Vertragsänderungen nachträglich vorzunehmen oder den Vertrag insgesamt aufzuheben, falls eine wesentliche Grundlage des Vertrages beeinträchtigt wird. Dies ermöglicht es den Vertragsparteien, nach dem Abschluss des Vertrages eingetretene Umstände zu berücksichtigen und in den Vertrag einzubeziehen. Dabei ist § 313 BGB gegenüber spezialgesetzlichen Regelungen subsidiär. Der Gesetzgeber hat die Folgen eines Preisanstieges und somit das Risiko einer Vertragsstörung im Energiesektor umfassend spezialgesetzlich geregelt. Beispielsweise hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes 1975 und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften ein Preisänderungsrecht zugunsten des Versorgungsunternehmens in § 24 EnSiG eingeführt. Gerade eine allgemeine Vorschrift, wie § 313 BGB, darf die vom Gesetzgeber bewusst getroffenen Wertungen nicht ohne weiteres umgehen. Aus diesem Grund scheidet ein Rückgriff auf § 313 BGB aus. Diese Auffassung vertritt auch das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 23.03.2023, 20 U 318/22.

Hinweis

Das Urteil verdeutlicht erneut, dass das Energierecht umfassend geregelt ist. Aus juristischer Sicht wird der besondere Stellenwert der Subsidiarität des § 313 BGB am Rechtsspruch deutlich. Vor Allem für Letztverbraucher kann dieses Urteil als Weckruf dienen, noch einmal zu kontrollieren, ob sie nicht ebenfalls Opfer einer ungerechtfertigten Preissteigerung trotz vereinbarter Preisgarantie geworden sind.

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