Verfahrensrecht: Steuerliche Betriebsprüfung auch nach dem Tod des Geschäftsinhabers zulässig
Nach der am 31.1.2024 veröffentlichten Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts vom 10.5.2023, 8 K 816/20, ist die Durchführung einer steuerlichen Betriebsprüfung für zurückliegende Besteuerungszeiträume auch dann zulässig, wenn der Betriebsinhaber verstorben ist und der Betrieb von den Erben nicht weitergeführt wird. Die steuerlichen Pflichten gehen mit dem Tod des Betriebsinhabers auf die Erben über. Dazu gehört auch die Duldung der Betriebsprüfung.
Sachverhalt:
Die Kläger sind Miterben nach ihrem verstorbenen Vater. Dieser betrieb bis zu seinem Tod ein Bauunternehmen. Der Betrieb wurde von den Klägern nicht weitergeführt. Dennoch ordnete das zuständige Finanzamt eine Betriebsprüfung des Bauunternehmens für mehrere zurückliegende Veranlagungszeiträume an. Die Kläger waren der Auffassung, dass eine Betriebsprüfung nur erfolgen dürfe, solange der Inhaber selbst Auskünfte zu der betrieblichen Tätigkeit geben könne und der Betrieb noch existiere. Eine Betriebsprüfung nach dem Tod des Betriebsinhabers sei daher unzulässig.
Nach erfolglosem Einspruch wandten sich die Kläger an das Hessische FG.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat keinen Erfolg.
Nach dem Grundsatz gem. § 193 Abs. 1 AO ist eine Außenprüfung bei Steuerpflichtigen zulässig, die einen Betrieb unterhalten. Diese Regelung sei aus Gleichheitsgründen notwendig, um bei Gewerbetreibenden die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und damit im Ergebnis die selbst ermittelte Höhe der Steuern überprüfen zu können. Aufgrund der nachgelagerten steuerlichen Veranlagung nach Abschluss des Veranlagungszeitraums liege es in der Natur der Sache, dass auch im Rahmen der Betriebsprüfung im Regelfall zurückliegende Jahre geprüft würden.
Nach Ansicht des erkennenden 8. Senats kann die Regelung des § 193 Abs. 1 AO daher nur so verstanden werden, dass der Betrieb in dem Zeitraum, der überprüft werden soll, existiert haben muss. Eine spätere Betriebseinstellung sei unmaßgeblich, da im Erbfall alle Rechte und Pflichten im Wege der Universalsukzession auf den oder die Erben übergingen. Dies betrifft auch einen Betrieb als Gesamtheit von Vermögenswerten und Schulden sowie Rechten und Pflichten.
Eine Außenprüfung müsse daher auch von denjenigen (hier: Erben) geduldet werden, die den Betrieb nie selbst geführt hätten. Mögliche Schwierigkeiten in Bezug darauf, dass bestimmte Auskünfte nicht erteilt oder Unterlagen nicht vorgelegt werden könnten, seien nicht bei der Frage der Zulässigkeit einer Außenprüfung zu berücksichtigen. Dies seien Umstände, die im späteren Besteuerungsverfahren
auf der Ebene der Beweisführung Bedeutung erlangten. Auch sei irrelevant, ob bezüglich älterer Besteuerungszeiträume noch Einspruchs- oder Klageverfahren anhängig seien, da jedes Jahr für sich allein betrachtet werden müsse.
Gegen das Urteil ist eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (X B 73/23) eingelegt worden.
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Der Autor: Dr. Alexander Kersten - Rechtsanwalt, Steuerberater und geschäftsführender Partner bei STEIN Rechtsanwälte Steuerberater in Köln. Der Beitrag wurde mit freundlicher Genehmigung des Stollfuß Verlags – Zweigniederlassung der Lefebvre Sarrut GmbH – zur Verfügung gestellt. Der Beitrag wurde im Newsletter eNews Steuern, Nr. 5/2024 vom 06.02.2024 veröffentlicht