CBAM – Das europäische CO₂-Grenzausgleichssystem im Überblick
Produktionsketten sind in einer globalisierten Wirtschaft oft komplex und grenzüberschreitend. In Zeiten des Klimawandels gewinnt die gesamte Emissionsbilanz eines Produkts entlang dieser Kette zunehmend an Bedeutung. Das europäische CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) soll sicherstellen, dass bei der Einfuhr emissionsintensiver Waren in die EU ein angemessener CO₂-Preis gezahlt wird – unabhängig davon, ob die Herstellung in der EU oder in Drittstaaten erfolgt.
Die CBAM-Verordnung (EU) 2023/956 zielt insbesondere darauf ab, sogenanntes „Carbon Leakage“ zu verhindern – also die Verlagerung CO₂-intensiver Produktion in Länder mit niedrigeren Umweltstandards – und ist Teil des EU Green Deal. Seit dem 1. Oktober 2023 befindet sich das System in einer Übergangsphase; die vollständige Implementierung erfolgt ab dem 1. Januar 2026.
Rechtlicher Mechanismus: Wer ist betroffen und was ist zu tun?
Importeure bestimmter Waren dürfen diese ab dem 1. Januar 2026 nur noch durch einen zugelassenen CBAM-Anmelder in den zollrechtlich freien Verkehr der EU überführen. Diese Person muss in der EU ansässig sein, im zentralen CBAM-Register registriert sein und bestimmte Zuverlässigkeits- und Bonitätsanforderungen erfüllen (Art. 4, 17 CBAM-VO). Importeure dürfen betroffene Waren nur einführen, wenn sie als zugelassene CBAM-Anmelder registriert sind. Die Registrierung erfolgt über das elektronische CBAM-Register und setzt u.a. Zuverlässigkeit, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und ggf. Sicherheitsleistungen voraus (Art. 4, 17 CBAM-VO). Nach erfolgter Zulassung erhalten Anmelder ein individuelles CBAM-Konto, über das die Verwaltung und Abgabe von Zertifikaten erfolgt.
Betroffene Warengruppen
Aktuell umfasst CBAM folgende Warengruppen gemäß Anhang I der Verordnung:
Zement
Eisen und Stahl
Aluminium
Düngemittel
Wasserstoff
Elektrische Energie
Auch verarbeitete Produkte, beispielsweise Rohre aus Stahl oder Aluminiumkisten, fallen unter den Anwendungsbereich. Es bestehen Ausnahmen u.a. für Waren mit geringem Wert, militärischem Verwendungszweck sowie für Importe aus Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA).
Emissionen und Zertifikate
Erfasst werden sowohl direkte als auch bestimmte indirekte Emissionen, etwa aus der Stromerzeugung für den Produktionsprozess. Die Emissionserfassung erfolgt nach dem Verfahren in Anhang VI der CBAM-VO. Ab Juli 2024 dürfen nur noch spezifische Emissionsdaten verwendet werden – die Nutzung pauschaler Standardwerte endet dann.
Ab dem Jahr 2026 müssen CBAM-Anmelder für ihre Importe CBAM-Zertifikate erwerben, die den Emissionen der eingeführten Waren entsprechen. Ein Zertifikat entspricht einer Tonne CO₂. Der Preis der Zertifikate orientiert sich am wöchentlichen Durchschnittspreis der im Rahmen des EU-Emissionshandels versteigerten Emissionszertifikate. Die Zertifikate sind zwei Jahre gültig und können anteilig zurückgegeben werden.
Pflichten und Fristen
Bereits seit dem 1. Oktober 2023 besteht eine vierteljährliche Berichtspflicht für CBAM-Anmelder. Ab dem 1. Januar 2026 treten sämtliche Pflichten der CBAM-Verordnung vollständig in Kraft.
Registrierung erfolgt über das Zoll-Portal für das CBAM-Übergangsregister.
Quartalsweise Berichte (bereits in der Übergangsphase verpflichtend).
Ab dem 01.01.2025 beginnt das Zulassungsverfahren für CBAM-Anmelder, deren Registrierung über das CBAM-Register erfolgt.
Jährliche CBAM-Erklärung jeweils zum 31. Mai für das Vorjahr (zum 31.05.2027 zum ersten Mal für das Jahr 2026).
Mitteilungspflichten bei Änderungen der Zulassungsvoraussetzungen.
Ein Rückkauf nicht genutzter CBAM-Zertifikate ist bis zum 30. Juni des Folgejahres möglich.
Die EU-Kommission kann bei Verstößen Sanktionen verhängen, insbesondere in Form von Bußgeldern.
Aktuelle Entwicklungen und Ausblick
Die Registrierungspflicht für CBAM-Anmelder trat zum 1. Januar 2025 in Kraft. Seit dem 31. März 2025 haben CBAM-Anmelder die Möglichkeit, sich im CBAM-Register einzuloggen. Im CBAM-Register können Anträge auf den Status als zugelassener CBAM-Anmelder gemäß Artikel 5 der CBAM-Verordnung gestellt werden. Dieser Status muss ab dem 01. Januar 2026 vorgewiesen werden, um CBAM-Waren in das Zollgebiet der Union einführen zu können. Ab dem Jahr 2026 ist zudem der Erwerb und die Abgabe von Zertifikaten verpflichtend.
Im Rahmen des sogenannten Omnibus-Pakets wurde Anfang 2025 eine De-minimis-Schwelle eingeführt: Importeure, deren CBAM-Waren ein jährliches Gesamtgewicht von 50 Tonnen nicht überschreiten, sind künftig ausgenommen. Dies soll insbesondere kleinere Unternehmen entlasten, ohne die Umweltwirkung des CBAM zu schmälern.
Ebenfalls geplant ist eine Erweiterung des Anwendungsbereichs auf weitere Waren bis spätestens 2030. Dazu zählen unter anderem bestimmte nachgelagerte Produkte oder andere emissionsintensive Güter aus ETS-Sektoren.
Fazit
Der CBAM ist ein zentrales Instrument der europäischen Klimapolitik – rechtlich anspruchsvoll, wirtschaftlich bedeutsam und mit weitreichenden Pflichten für Importeure verbunden. Unternehmen, die vom CBAM betroffen sind, sollten frühzeitig mit der Umsetzung beginnen: von der Identifikation relevanter Warengruppen über die Emissionserfassung bis zur Registrierung im CBAM-Register.
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