Jahressteuergesetz 2024: Die wichtigsten Änderungen für Unternehmen und Privatpersonen

Mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2024 traten zum 5. Dezember 2024 zahlreiche Änderungen im deutschen Steuerrecht in Kraft. Ziel ist es, die Vorschriften an neue EU-Vorgaben anzupassen sowie auf aktuelle Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH), des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu reagieren. Auch sollen die Rahmenbedingungen für Unternehmen und Privatpersonen insbesondere hinsichtlich eines Abbaus der Bürokratie modernisiert werden.

Nachfolgend finden Sie eine kurze und übersichtliche Zusammenfassung der wichtigsten Neuerungen, damit Sie rechtzeitig reagieren und die neuen Gestaltungsspielräume optimal nutzen können.

 

Einkommensteuer:

Steuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen (§ 3 Nr. 72 EStG)

Die bislang geltende Begrenzung der Bruttoleistung der Photovoltaikanlagen von 15 kWp je Wohn- oder Gewerbeeinheit für bestimmte Gebäudetypen wird auf 30 kWp erhöht. Insgesamt darf die Bruttoleistung pro Steuerpflichtigem oder Mitunternehmerschaft 100 kWp nicht überschreiten. Ferner wird durch die Änderung klargestellt, dass es sich bei der Steuerbefreiung um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag handelt. Die Neuregelung gilt erstmals für Anlagen, die nach dem 31.12.2024 angeschafft, in Betrieb genommen oder erweitert werden.

Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften (§ 6 Abs. 5 EStG)

Die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Personengesellschaften mit identischen Beteiligungsverhältnissen ist künftig zum Buchwert möglich, sofern keine „schädliche“ Veränderung der Beteiligungsidentität vorliegt. Null-Prozent-Beteiligungen gelten als unschädlich. Die Regelung gilt in allen offenen Fällen, jedoch besteht für Übertragungen vor dem 12.01.2024 unter bestimmten Voraussetzungen ein Antragsrecht auf Nichtanwendung.

Gebäudeabschreibung (§ 7a Abs. 9 EStG)

Die Vorschrift wird an die neue degressive Gebäudeabschreibung nach § 7 Abs. 5a EStG angepasst. Ist vor Ablauf einer Sonderabschreibung (z. B. § 7b EStG) bereits eine degressive Abschreibung gewählt worden, kann auch im Anschluss daran degressiv weiter abgeschrieben werden. Die Regelung gilt rückwirkend ab Veranlagungszeitraum 2023.

Kinderbetreuungskosten (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG)

Die abzugsfähigen Kosten für die Kinderbetreuung steigen von zwei Dritteln auf 80 % der Aufwendungen, der Höchstbetrag erhöht sich auf 4.800 EUR je Kind. Diese Änderung gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2025.

Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 17 Abs. 6 EStG)

Alle Beteiligungen unter 1 %, die durch steuerbegünstigte Einbringungen oder einen Anteilstausch entstanden sind – unabhängig vom Zeitpunkt – fallen künftig in den Anwendungsbereich des § 17 Abs. 6 EStG. Dies schafft einheitliche Besteuerungsregeln für sämtliche „einbringungsgeborenen“ Anteile. Die Regelung gilt ab dem 01.01.2025.

Vermögensbeteiligungen von Arbeitnehmern (§ 19a EStG)

Die Steuervergünstigung für aufgeschobene Besteuerungen bei Vermögensbeteiligungen gilt auch bei Übertragungen von Anteilen an verbundenen Konzernunternehmen. Voraussetzung ist unter anderem, dass die Schwellenwerte gemäß § 19a Abs. 3 EStG eingehalten werden. Die Regelung gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2024.

Gesamthandsgemeinschaften (§ 23 Abs. 1 Satz 4 EStG)

Die Beteiligungen an Gesamthandsgemeinschaften gelten bei der Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte wie die zugrundeliegenden Wirtschaftsgüter selbst. Damit erfolgt eine Gleichbehandlung mit Direktbesitz. Gilt in allen offenen Fällen.

Abzug von Unterhaltsaufwendungen (§ 33a Abs. 1 Satz 12 EStG)

Unterhaltszahlungen sind künftig nur noch dann abzugsfähig, wenn sie per Banküberweisung erfolgen. Ausnahmeregelungen sind nur bei besonderen Verhältnissen möglich. Die Regelung gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2025.

Haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen (§ 35a Abs. 5 Satz 3 EStG)

Eine Rechnung und die unbare Zahlung sind Voraussetzung für alle Steuerermäßigungen, was nun auch eindeutig für Pflege- und Betreuungsleistungen gilt. Gilt ab Veranlagungszeitraum 2025.

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 39a Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EStG)

Der anteilige Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b Abs. 4 EStG kann bei dauerndem Getrenntleben nun ab dem Monat der Trennung als Freibetrag für das Lohnsteuerabzugsverfahren gebildet werden. Dies gilt indes nur, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 24b EStG erfüllt sind. Die Regelung tritt zum 01.01.2025 in Kraft.

Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte (§ 49 EStG)

Vergütungen für freigestellte Arbeitszeiten vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses gelten künftig als inländische Einkünfte, sofern die Tätigkeit ohne Freistellung im Inland ausgeübt worden wäre. Dies erweitert den Anwendungsbereich der beschränkten Steuerpflicht. Gilt ab Veranlagungszeitraum 2024.

Doppelbesteuerungsabkommen (§ 50d Abs. 15 EStG)

Das deutsche Rechtsverständnis passt sich an den OECD-Musterkommentar an. Löhne in Freistellungsphasen werden künftig in dem Staat besteuert, in dem die Tätigkeit ohne Freistellung ausgeübt worden wäre. Gilt ab Veranlagungszeitraum 2024.

 

Umsatzsteuer:

Legaldefinition Werklieferung (§ 3 Abs. 4 UStG)

Eine Werklieferung setzt die Be- oder Verarbeitung eines „fremden“ Gegenstandes voraus. Dies wird nun gesetzlich klargestellt. Gilt ab 6.12.2024.

Leistungsort bei digitalen Veranstaltungen (§ 3a Abs. 3 UStG)

Leistungen, die online oder per Streaming erbracht werden, werden dort besteuert, wo der private Leistungsempfänger ansässig ist. Bei virtuellem Zugang für Unternehmer ist in bestimmten Fällen der Unternehmensort des Empfängers maßgeblich. Gilt ab 1.1.2025.

Steuerbefreiung für Bildungsleistungen (§ 4 Nr. 21 UStG)

Die Steuerbefreiung wird an unionsrechtliche Vorgaben angepasst. Bildungseinrichtungen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft, private Schulen, Hochschulen sowie Privatlehrer sind begünstigt. Als öffentlich-rechtliche Einrichtungen gelten nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH auch natürliche Personen, Personenzusammenschlüsse und Gesellschaften mit Gewinnerzielungsabsicht. Leistungen, die der bloßen Freizeitgestaltung dienen, fallen hingegen nicht unter den Begriff der Bildungsleistung. Der Anwendungsbereich wird erweitert, das Bescheinigungsverfahren bleibt erhalten. Gilt ab 1.1.2025.

Kleinunternehmerregelung (§§ 19 und 19a UStG)

Die Kleinunternehmerregelung wird unionskonform ausgestaltet. Auch im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer können sie künftig in Deutschland nutzen. Es wird eine echte Steuerbefreiung eingeführt, gekoppelt an Umsatzgrenzen von 25.000 EUR im Vorjahr und 100.000 EUR im laufenden Jahr. Zudem wird ein besonderes Meldeverfahren (§ 19a UStG) beim BZSt geschaffen. Gilt ab 1.1.2025.

 

Grunderwerbsteuer:

Zugehörigkeit eines Grundstücks zum Vermögen einer Gesellschaft (§ 1 Abs. 4a GrEStG)

Künftig wird gesetzlich festgelegt, wann ein Grundstück als zum Vermögen einer Gesellschaft gehörend gilt. Maßgeblich ist, welche Gesellschaft zuletzt einen Grunderwerbstatbestand verwirklicht hat, ohne dass der Erwerb rückgängig gemacht wurde. Die Neuregelung verhindert missbräuchliche Gestaltungen, bei denen Grundstücke kurzzeitig heraus- und wieder eingebracht wurden, um steuerliche Ergänzungstatbestände zu vermeiden. Die Änderung gilt erstmals für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG, die nach dem 5.12.2024 verwirklicht werden.

 

Erbschaftsteuer:

Erhöhung des Erbfallkostenpauschbetrags (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG)

Der Pauschbetrag für Erbfallkosten wird von 10.300 EUR auf 15.000 EUR angehoben. Die Änderung gilt für alle Erbfälle, bei denen die Steuer ab dem 1.1.2025 entsteht.

Nachlassverbindlichkeiten bei beschränkter Steuerpflicht (§ 10 Abs. 6 und 6b ErbStG)

Unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung wird künftig eine anteilige Abzugsfähigkeit von Nachlassverbindlichkeiten bei beschränkter Erbschaftsteuerpflicht ermöglicht. Der abzugsfähige Anteil bemisst sich nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen Vermögenswerte im Inland. Diese Neuregelung gilt für Erbfälle, für die die Steuer ab dem 1.1.2025 entsteht.

 

Grundsteuer:

Nachweismöglichkeit des niedrigeren gemeinen Werts (§ 220 Abs. 2 BewG)

Der Gesetzgeber reagiert auf aktuelle BFH-Entscheidungen: Steuerpflichtige erhalten nun die Möglichkeit, einen niedrigeren gemeinen Wert ihres Grundstücks nachzuweisen, wenn der festgestellte Grundsteuerwert den tatsächlichen Verkehrswert um 40 % oder mehr übersteigt. In diesem Fall ist der nachgewiesene niedrigere Wert anzusetzen. Diese Änderung gilt ab dem 6.12.2024.

 

Fazit:

Die zahlreichen Neuerungen des JStG 2024 eröffnen Chancen, bringen aber auch Komplexität mit sich.

Als erfahrene Kanzlei für Steuerrecht unterstützen wir Sie kompetent bei der Umsetzung der neuen Regelungen und entwickeln gemeinsam mit Ihnen eine optimale steuerliche Strategie. Kontaktieren Sie uns gerne, um von unserer Expertise zu profitieren. Wir freuen uns darauf, Ihnen bei allen Fragen rund um das JStG 2024 zur Seite zu stehen!