Neue wirtschaftliche Chancen - Freihandelsabkommen mit Neuseeland 2024

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Am 09.07.2023 hat der Europäische Rat ein Freihandelsabkommen mit Neuseeland ratifiziert. Das Freihandelsabkommen, welches noch dieses Jahr in Kraft treten soll, eröffnet Unternehmen, Landwirten und VerbraucherInnen neue wirtschaftliche Chancen, in dem neue Handels- und Ausfuhrmöglichkeiten geschaffen werden. Die EU berechnet Wachstumschancen für den bilateralen Handel von bis zu 30 % und eine Steigerung jährlicher EU-Ausfuhren um bis zu 4,5 Milliarden Euro.

Abschaffung von Zöllen

Insbesondere durch die Abschaffung von Zöllen auf EU-Exporte in der Automobil und der Lebensmittelindustrie, wie bspw. auf Fahrzeuge- und Fahrzeugteile, Maschinen, Arzneimittel, Chemikalien, aber auch auf Schweinefleisch, Wein und Schaumwein, Schokolade, Zuckerwaren und Kekse, soll der Verkauf für EU-Unternehmen und -Landwirte in Neuseeland angekurbelt werden. Auch im Energiesektor werden Exportanreize geschaffen. So bietet das Abkommen durch die Einführung zollfreier Exporte von beispielsweise Photovoltaikmodulen oder auch windbetriebenen Stromerzeugungsanlagen einen Anreiz für Exporteure aus der EU. Durch Abbau von Konformitätsanforderungen und –verfahren soll daneben ein schnellerer Warenfluss ermöglicht werden.

Schutz regionaler Erzeugnisse durch Einführung von Zollkontingenten

Traditionserzeugnisse aus der EU wie Käse, Wein und Spirituosen (Feta, Manchego, Prosecco, Champagner, Polnischer Wodka, Rioja und Tokaij), bleiben durch das Freihandelsabkommen geschützt. Für sensible Agrarerzeugnisse, wie Milchprodukte, Rind- und Schafffleisch sollen Zollkontingente die Mengen von zollfreien bzw. Einfuhren mit niedrigem Zollsatz aus Neuseeland beschränken. In Anhang 2-A legt das Abkommen dabei konkrete Zeitpläne für die Zollabschaffung, sowie konkrete Zollkontingente für die Europäische Union fest. Danach wird Rindfleisch einem ermäßigten Zollsatz von 7,5 % ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Abkommens unterliegen. Im „Jahr 0“ (d.h. das Jahr des Inkrafttretens) gilt dieser Zollsatz für ein Kontingent von 3.333 metrische Tonnen („MT“ - die Messeinheit für das Schlachtkörpergewicht-Äquivalent) Rindfleisch. Das Zollkontingent wird dabei stufenweise erhöht, so beträgt es im Jahr 3 schon 6.190 MT und im Jahr 6 bereits 9.048 MT. Ab Jahr 7 und den Folgejahren gilt der Zollsatz von 7,5 % sodann für 10.000 MT Rindfleisch. Waren, die die Gesamtmenge überschreiten unterliegen dem in Anlage 2-A-1 festgelegten Basiszollsatz (Zolltarif der Europäischen Union) oder dem geltenden Meistbegünstigungssatz, je nachdem, welcher Satz niedriger ist.

Für frisches/gekochtes Schaf- und Ziegenfleisch wird der Kontingentzollsatz von 0 % auf 4.433 MT im Jahr des Inkrafttretens, auf 8.867 MT im Jahr 3 und auf 11.822 MT im Jahr 5 beschränkt. Ab Jahr 6 und den Folgejahren ist frisches/gekochtes Schaf- und Ziegenfleisch für ein Kontingent von 13.300 MT zollfrei. Der zollfreie Import von gefrorenem Schaf- und Ziegenfleisch soll auf ein Kontingent von 8.233 MT im Jahr des Inkrafttretens beschränkt werden. Nach 3 Jahren erhöht sich das Kontingent auf 16.467 MT und liegt im Jahr 5 bei 21.956 MT. Ab Jahr 6 und folgenden Jahren beträgt das zollfreie Kontingent 24 700 MT.

Neue Ausfuhrmöglichkeiten für große und kleine Unternehmen

Das Abkommen widmet zudem auch kleineren und mittleren Unternehmen ein eigenes Kapitel zur Steigerung Ihrer Exporte.

Nachhaltigkeitsverpflichtungen

Bemerkenswert ist die erstmalige Integrierung nachhaltiger sozialer und klimapolitscher Aspekte in einem Handelsabkommen. So beinhaltet das Abkommen Abschnitte über nachhaltige Lebensmittelsysteme, die Gleichstellung der Geschlechter, über Handel und die Reform der Subventionierung fossiler Brennstoffe.

Gleichbehandlung von Investoren

Nicht nur für Exportunternehmen, sondern auch für Investoren sollen verbesserte Bedingungen geschaffen werden, indem das Abkommen eine Gleichbehandlung von Investoren aus der EU in Neuseeland und umgekehrt Investoren aus Neuseeland in der EU vorsieht und sicherstellt.

Öffnung des neuseeländischen Dienstleistungsmarktes

Der neuseeländische Dienstleistungsmarkt soll in bedeutenden Brachen wie Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, Seeverkehr und Zustelldiensten geöffnet und der Zugang für Unternehmen aus der EU zu neuseeländischen öffentlichen Ausschreibungen für Waren, Dienstleistungen, Bauprojekte und Baukonzessionen verbessert werden.

Digitalisierung & Schutz geistigen Eigentums

Weiter sollen Datenströme erleichtert und berechenbare, transparente Regeln für den digitalen Handel, sowie ein sicheres Online-Umfeld für Verbraucher gefördert werden. Gleichzeitig soll der Schutz personenbezogener Daten gewährleistet werden.

Regelungen bezüglich Verpflichtungen zum Schutz und zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums im Einklang mit den EU-Standards auf neuseeländischer Seite wurden ebenfalls getroffen.

Fazit

Mit seinem integrativen, fortschrittlichen Ansatz und seiner nachhaltigen Ausrichtung agiert das Freihandelsabkommen nicht nur als Vorreiter für nachfolgende Handelsabkommen, sondern ebnet auch den Weg einer weiteren Zusammenarbeit für den indopazifischen Raum. In wirtschaftlicher Hinsicht stellt sich das Freihandelsabkommen als begrüßenswert dar, indem es neue Anreize für EU-Exporteure schafft, zugleich aber sensible regionale Erzeugnisse schützt. Inwieweit das erwartete Wirtschaftswachstum am Ende tatsächlich eintreten wird bleibt gespannt abzuwarten.

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